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so denke ich, als ich mit dem möchtegernwindigen Froillein durch die Dünen laufe. Alles glitzert und brizzelt weiß unter dem strahlenden sonnigen Inselhimmel und vor allem: zwei Stunden laufen wir alleine und sehen keinen Menschen. Das ist nach meinem Ritt der letzten Woche meine ganz persönliche Erholung.

Frankfurt-München-Hamburg in vier Tagen, die Frisur sitzt und ich muss an diese alte Reklame mit dem Haarspray denken…. die ich natürlich sogleich im Netz suche und finde.

1989…. Da warb man also noch mit „FCKW-frei“. Interessant.

Eigentlich wollte ich mal so richtig losbrüllen, weil mich das so unglaublich nervt, dass wir nun plötzlich in einem frauenbewegten Land leben, wo plötzlich alle gegen sexuelle Übergriffe wettern und so tun, als sei dies ein Thema, das sich auf nicht-deutsche Mitbürger reduziere. Dabei erinnere ich mich gut, an den Busengrapscher… äh…. Wer war das nochmal? Ich erinnere mich doch nicht so genau. Ich habe auch keine Lust loszubrüllen, denn morgen geht mein Zug. Ein ähnlicher Ritt steht bevor: Frankfurt-Düsseldorf-Zürich… auch in vier Tagen und dann bleiben noch zwei Tage Urlaub im Süden. Na, wenn man eh schon mal da ist…., kann man ja auch dort die Nase in die Sonne halten und gute alte Freunde besuchen, kochen, ratschen, genießen. Und Sonntag wieder zurück auf die Insel und die Einsamkeit genießen. Dies ist meine immerzu schönste Abenteuerreise: zurück auf die Insel. Stundenlang laufen ohne menschlichen Kontakt. Wellen, Steine, Sonne, Wind, der Hund, das Universum und ich…. ganz allein im lauschenden Zwiegespräch. Dies geht nur ab dem 6. Januar, denn mit den heiligen drei Königen verlassen auch die letzten Urlauber die Insel, die Restaurants schließen, das Kino hat zu und nur der tapfere kulturbeflissene Cafébetreiber hält gelegentlich eine kleine und feine Abendunterhaltung für uns bereit.

Ganz nebenbei habe ich damit nun auch schon die erste Frage des von der geschätzten Frau Tikerscherk geworfenen Holzes beantwortet.

Das Dorf in dem wir wohnen, ist das vorletzte vor der Grenze nach Dänenland und manche liebreizende, alte Nachbarn sind bitterarm. Hätte ich eine Spende von vielen Tausend Euro, die ich verteilen dürfte, ich würde sie ihnen angedeihen lassen. Sie haben ihr ganzes Leben auf den Feldern der großgrundbesitzenden Bauern geschuftet an sieben Tagen die Woche. Ihre Renten sind so klein, dass eigentlich der Staat unterstützen müsste, aber dafür sind die alten Herrschaften zu stolz. Lieber bauen sie auch mit paarundachtzig noch ihr Gemüse, die Kartoffeln und das Obst selbst an und verheizen was auch immer. Nicht wegen dem Bio, sondern wegen des Geldes. Ich frage mich, was sie mit einer solchen Spende machen würden. Vermutlich würden sie es ihren Kindern schenken, damit die eine tolle Reise machen können, denn die Alten wollen hier nicht weg und sind zufrieden mit dem, was sie haben. Ihre Knochen sind alt und schmerzen und ich möchte wirklich nicht in ihrer Haut stecken. Aber in wessen Haut würde man schon stecken wollen und sei es nur für einen einzigen Tag. Auch so ein einziger Tag kann unendlich lang werden, wenn man nicht in seiner eigenen Haut steckt, aber ich gebe zu, dass ich gerne mal als da Vinci durchs alte Florenz streichen würde. Es wären drei fremde Häute in denen ich dann steckte: Ich könnte einmal fühlen, wie es sich anfühlt, ein Mann zu sein. Und ich wäre einmal in der Haut eines Künstlers. Würde ich an Widergeburt glauben, so könnte ich mich in einem kleinen Anfall von Größenwahnsinn sogar mit ihm verwandt fühlen. Sein Name zeugt von seiner örtlichen Herkunft: aus Vinci (da Vinci)…. Und dies wiederum war ein toskanisches Dorf in der Nähe von Empoli. Dort wiederum – also in der Nähe von Empoli – verbrachte ich die meiste Zeit meiner Kindheit und schon damals fragte ich mich, wie es wohl früher, viel früher hier ausgesehen haben mag. Sonntags fuhren wir nach Pisa, nach Livorno oder nach Florenz. Ich würde gerne einen Tag in der Haut da Vinics durch das alte Florenz laufen, die Medicis besuchen. Allerdings wäre ich nicht scharf drauf, mich wegen meiner Intimitäten mit einem 17jährigen vor Gericht stellen zu lassen. Damals lief die Anklage unter Sodomie, worunter wir heute ja gänzlich andere Dinge verstehen, bei deren Vorstellung es mir kalt den Rücken herunter läuft.  Glücklicherweise kommen ja die meisten Tiergattungen für diese menschliche Abart nicht in Frage und somit beantwortet sich auch die vierte Frage dann recht einfach: ich wäre gerne mal eine Zitterspinne.

 

Obwohl ich seltenst überhaupt Tiere verzehre, denke ich doch oft über Jagd nach. So gesehen, hätte ich jetzt hier auch von Adlern und Tigern erzählen können. Weil ich aber die Zitterspinne in Bad, Küche und Wohnzimmer schätzen gelernt habe, und ihre filigranen Bewegungen bewundere, so würde ich gerne mal wissen, wie sich das anfühlt, mit so vielen und filigranen Beinen unter der Decke zu thronen und vorbeikommendes Futter einfach einzuweben.

Interessanterweise träumt man nicht davon, ein Wesen einer anderen Gattung zu sein. Offenbar ist unser Hirn zu begrenzt in seiner Vorstellungskraft und so träumen wir zumeist nur von uns in allerlei merkwürdigen Situationen. Gelegentlich sind mystische und erotische Träume dabei, die uns den Tag retten, uns glücklich machen, obwohl wir wissen, dass es nur ein Traum war. Aber was ist schon „nur“?

Nun ja…. „nur“ ist 1, so glaube ich. Weil ich z.B. Bücher nur einmal lese. Gut, es hat schon mal eine Ausnahme gegeben, als ich mit 30 ein Buch meiner Jugend (Siddharta von H. Hesse) erneut las, um, mir nochmal nachzuspüren. Aber ich fand mich nicht mehr und legte das Buch entnervt zur Seite. Vielleicht war es aber auch lehrreich, dieses alte Buch noch einmal zur Hand zu nehmen. Mich fünfzehn Jahre später, darin nicht wieder zu finden, das war fast so, als hätte man mich in einem fremden Land ausgesetzt, dessen Sprache ich nicht verstehe und in dem ich mit meiner Berufsausbildung nun auch nicht weiter gekommen wäre. Zu weit hatte ich mich von mir selbst entfernt und hätte ich dort, in meiner Jugend bleiben müssen, hätte ich mich höchstens mit Großmäuligkeit über Wasser halten können, oder halt babysittend oder Nachhilfe gebend.

Vieles wusste ich damals vermeintlich besser, und nicht so vieles konnte ich wirklich gut (außer Diskussionen gewinnen). Z.B. Kochen und Backen. Nun gut, letzteres hasse ich auch heute noch, es sei denn es handelt sich um weihnachtliche Hundekekse aus Leberwurst und Dinkelmehl, aber da ich jetzt hier versuche, die Frage nach meinem Lieblingsrezept zu beantworten und gleichzeitig nicht weitere viele Seiten für Kochereien ins Blögchen einzufügen, nehme ich das kürzeste Lieblingsrezept:

Bitte kaufen Sie frische Tortellini mit Ricotta und Spinat gefüllt, die Sie ins kochende Wasser werfen. Einige Minuten vorher rühren Sie ein großes Glas Arrabiata mit einem ordentlichen Stück Gorgonzolakäse in einem kleinen Topf, so dass der geschimmelte Käse in aller Ruhe schmelzen kann.

Der weltbeste Mann und ich haben das mal in Eile erfunden und waren seelig. Hätten wir einen Balkon gehabt, es hätte mit Sicherheit ein Aborigine darunter gestanden und heftig ins Didgeridoo geblasen. Da wir keinen Balkon hatten und auch keinen haben, werden wir zwar keine Ständchen bekommen, aber es sind nun schon ein paar Grundlebensmittel benannt, ohne dich ich keinesfalls leben wollte: Nudeln, Käse, Tomaten, Essig, Koriander. Damit komme ich zur Not aus, falls alles andere einem weltumfassenden Virus zum Opfer fallen würde.

Sie halten mich vielleicht für einen Narren, nachdem Sie das alles gelesen haben und ich muss zugeben: da ist was dran. Daher benötige ich an Karneval auch keine Verkleidung.

Ich lasse das Hölzchen mal hier liegen, für diejenigen unter Euch, die anstatt mal loszubrüllen lieber eine seelenschonende Schreibzeit verbringen möchten. Bitte bedient Euch:

  1. Eine Abenteuerreise wartet auf Sie. Was wäre für Sie das absolute Abenteuer?
  2. Sie dürften bestimmen, wer eine Spende von 10000 € bekommt. Wer wäre das und warum?
  3. Für einen Tag dürften Sie in die Haut eines anderen Menschen schlüpfen. Von wem wüssten sie gerne, wie sich sein Leben anfühlt?
  4. Und welches Tier wären Sie gerne, wenn das möglich wäre?
  5. Hat schon mal ein Traum Ihr Leben beeinflusst?
  6. Lieblingsbücher liest man gerne mehrfach. Welches haben Sie am häufigsten gelesen?
  7. Wenn Sie in ein anderes Land fliehen müssten, dessen Sprache sie nicht sprächen und wo Ihre Berufsausbildung nicht anerkannt würde, mit welchen Fähigkeiten könnte sie sich den Lebensunterhalt verdienen?
  8. Verraten Sie uns ihr Lieblingsrezept (für diejenigen, die nicht kochen oder backen: Ihr Lieblingsgericht)?
  9. Unter Ihrem Balkon soll jemand ein Ständchen singen. Sie dürfen sich Sänger_in und Lied wünschen. Also, wen und was wünschen Sie sich?
  10. Auf welche fünf Lebensmittel können Sie nicht verzichten?
  11. Die Elf ist die Zahl des Narren. Wenn Sie sich denn verkleiden würden, als was würden Sie zum Karneval gehen?