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Erleuchtung, Faulheit, Hasstiraden, Katharsis, Putzen, Schmutz, Wutanfälle
….ist natürlich ein völlig missverständlicher Titel und jetzt denken Sie bloß nicht, ich wäre eine Putzfee, so ein bodenständiges Hausfrauchen, das immer schön alles ordentlich hält und sauber natürlich und perfekt. Nein, in Wahrheit hasse ich putzen.
Ich hasse es so sehr, dass ich es so selten wie möglich erledige. Genau genommen putze ich erst, wenn es wirklich gar nicht mehr anders geht. Während die Nachbarinnen täglich putzen, erledige ich das nur alle drei Wochen und auch dann in drei Tagen, was sie in wenigen Stunden schaffen. Ich bin einfach faul und ich hasse putzen. Auch die Bettwäsche darf hier lange liegen bleiben, die Fenster putze ich höchstens zwei Mal im Jahr, denn sie werden eh so schnell wieder schmutzig.
Wenn ich dann aber doch mal Feudel und Putzwasser in die Hand nehme – nein, dann bin ich nicht plötzlich glücklich, wie der Titel hier oben evtl. vermuten ließe. Ganz im Gegenteil: ich verwandle mich in ein mir unbekanntes, wutschnaubendes Etwas, das ich wahrlich nicht zum Feind haben möchte. Die erste Stunde fluche ich was das Zeug hält. Ich verfluche den Dreck, ich verfluche meinen zum Fluchen viel zu knappen Wortschatz und sondere Hasstiraden über mich und den Rest der Welt ab. In der zweiten Stunde, beginnt der Schweiß zu rinnen und ich gerate in Verzweiflung. Während ich tote Wespen unter dem Vorhang hervor klaube, beschließe ich zunächst in Zukunft regelmäßiger zu putzen. Sodann beschließe ich, überhaupt nicht mehr zu putzen, da die Welt eh untergehen wird. Ich schreibe in Gedanken Leserbriefe an die Welt, an Politiker und schwinge mich zur Welt rettenden Furie auf. In der dritten Stunde werde ich schnell, denn jetzt habe ich die Nase wirklich voll. Ich ziehe Lebensbilanzen, erledige drei Dinge gleichzeitig (Einkaufszettel im Kopf notieren; die Frage klären, ob die Hunderunde ans Meer führt oder nicht; Pläne für mein restliches Leben schmieden) und beziehe zu allem Übel noch die Betten neu, was neuerliche Hasstiraden zur Folge hat. Als ich die durchgeschwitzten Klamotten in die Ecke werfe weiß ich plötzlich, wer ich bin, was ich will und was ich auf keinen Fall will.
Während der Rest der Republik im Regen absäuft, wird es hier sonnig und schwül und als ich endlich unter der erlösenden Dusche stehe und mir die Katharsis des Bösen abwasche, fühle ich mich plötzlich gelassen und abgeklärt. Die Welt ist die Welt und ich habe keine Ahnung von ihr, aber ich weiß alles. Irgendwas ist in mir passiert, denn als ich strahlend mit dem Hund das Haus verlasse, erkennt der Herzensmann meine innere Verwandlung sofort. „Hast Du geputzt?“ fragt er mich und ich winke ihm lässig zu, während ich das Auto Richtung Meer fahre. Ich bin frei.
Trippmadam sagte:
Therapeutisches Fluchen ist aber auch nicht zu unterschätzen. Mit dem Putzen geht es mir übrigens ähnlich. Ich putze zwar häufiger, aber zur Zeit eher flüchtig.
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tikerscherk sagte:
Ojaja, therapeutisches Fluchen ist ein wunderbares Mittel um Menschenfreund zu bleiben.
Putzen hingegen hilft mit sich selbst im Reinen zu bleiben.
Ich mag und brauche beides, muss aber allein sein, dabei.
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meertau sagte:
das Schönste am Putzen ist eigentlich das Fluchen. Den Rest brauche ich nicht 🙂
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gertrudtrenkelbach sagte:
Ich mag es wenn es sauber ist….Aber putzen ist nicht so meines…..herrlich geschrieben!
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gertrudtrenkelbach sagte:
Hat dies auf gertrud trenkelbach blog rebloggt und kommentierte:
Genauso denke ich über das Putzen…..meertau hat es sehr treffend beschrieben.
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meertau sagte:
merci fürs rebloggen…..:-)
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gertrudtrenkelbach sagte:
Gerne😊
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VibesBild sagte:
Ach, ja… Ich HASSE es zu putzen, liebste Ro. Bin mir auch ziemlich sicher, dass meine Vorliebe für weiträumiges, minimalistisches öhm Interieur… nur in meiner Putz-Unlust und -Faulheit begründet ist. Ich würde ja die finalen Aussetzer fahren, müsste ich da noch so Setzfigürchen und irgendeinen Dekokäse befeudeln. Trotzdem putze ich regelmäßig. Geht nicht anders mit dem großen Garten und den drei Hunden. Würde ich da nur 1mal die Woche drübergehen, müsste ich wahrscheinlich die Machete oder Handgranaten nehmen.
Eigentlich habe ich ja sogar (seit dem mich vorübergehend zur Bewegungsunfähigkeit verdammt habenden Unfall) einen Putzerich. Der ist nur leider seit einem halben Jahr erkrankt. Ich sehne seine Wiederkehr – nicht nur, weil er so reizend und nett ist, sondern auch, weil ich bislang dem Putzen nix Therapeutisches abgewinnen konnte.
Tscha, auch Hausfrau-Da-Sein verlangt Befähigungen, die ich definitiv nicht besitze. Aber Sie, liebste Ro, Sie scheinen ja so eine Art Lichtkriegerin zu sein, die stolz und mit bebender Brust, unerschrocken den Putzdämonen entgegen schreitet, um diesen den Gar auzumachen. Ich bin sehr stolz auf Sie! 😉
Herzlichst: Nana
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meertau sagte:
soifz….. unnötig zu erwähnen, dass ich die Putzerei nicht nur verabscheue, sondern ebenfalls hasse!
soifzsoifzend denke ich an die teutonische Zeit, als wir die weltbeste Putzfee hatten. Hier auf der Insel ist das Haus soooooo klein, dass ich mich lächerlich machen würde, wenn ich hier um Mithilfe bitten würde.
Und ja…. auch hier gibt es keine herumstehenden Staubfänger. Schenkt mir einen Porzellanengel und ich lasse ihn fallen 🙂 mit einem lauten: HUCH 🙂
(dies ist die einfachste und unkomplizierteste Art, scheußliche Geschenke zu entsorgen)
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Ruhrköpfe sagte:
Viel Spaß am Meer 🙂 Liebe Grüße, Annette
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meertau sagte:
merci! das schöne am meer ist ja, dass dort überall sand rumliegt. so wie bei mir in der wohnstube….
grinz und greetz
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DATJA sagte:
hochverehrte frau meertau,
es liegt am mangelnden personal.
doch wie so vieles ist ungerechtes hinzunehmen, da nicht selbst änderbar.
mir geht-s auch so.
(mangels meer überlege ich halt, welcher weingarten mit dem hund heute begutachtet wird …..)
😉 eine der vielen ungerechtigkeit des universums mit seinem für uns oft eigenartigen humor …
heitere grüsse, da wiederhergestellte internet-verbindung, per glasfaser-kabel, tschacka !
ich sollte übrigens dringend fenster putzen, das unwetter war heftig, schon wegen der nachred im dorf, ABER meine prioritäten-liste lässt dies derzeit nicht zu ! Tja.
;)))
hinfallen. krone richten. weitergehen. kichern.
frei sein.
*winkt*
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meertau sagte:
neulich bekam ich von einer freundin eine karte auf der stand, auf dem boden der tatsachen läge zu wenig glitzer drauf.
unnötig zu erwähnen, dass ich wieder blumensamen herumwerfe in der stadt. glitzer wird zuschnell weggefegt.
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portapatetcormagis sagte:
Hahahaha! Ich habe mich echt wieder erkannt. Wenn ich anfange zu putzen, verlassen alle fluchtartig das Haus ^^
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meertau sagte:
:-)….. das wiederum ist eh das einzig gescheite, ….. man kann dann in aller Ruhe weiter fuchen und alleine geht das irgendwie besser 🙂
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Flowermaid sagte:
… nach dem Putzen ist vor dem Putzen, bei mir wirkt dieser therapeutische Moment nicht… 😂
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meertau sagte:
ich rede mir immer ein….. dass es jetzt ewig dauert, bis ich den feudel wieder in die hand nehme. und irgendwie wird dann eine sich selbst erfüllende prophezeihung draus 🙂
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Flowermaid sagte:
… so was ähnliches dachte ich mir schon *kicher*
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findevogel2015 sagte:
Hat dies auf Mein kunterbuntes Bloghaus rebloggt und kommentierte:
Toll geschrieben. Ein Stück weit finde ich mich wieder.
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meertau sagte:
das freut mich :-)…. hofknicks & merci 🙂
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Anhora sagte:
Schön, wie Sie Ihre äußere wie innere Reinigung schildern! 🙂 Den therapeutischen Wert solchen Unterfangens kann ich bestätigen, deshalb mache ich es jede Woche. Ist aber auch nur eine 3-Zimmer-Wohnung und in 1 Std. bin ich fertig. Hinterher geht es mir immer gut und ich fühle mich befreit. Wovon auch immer. 😉
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meertau sagte:
puh…. dann haben Sie schon die Fortgeschrittenen-Stufe erreicht. In jeder Hinsicht. an: jeder Woche…. arbeite ich noch.
an: 1 Stunde…… arbeite ich noch (und mehr Platz wie in einer 3 ZWG ist hier auch nicht).
an: geht es mir gut….. arbeite ich noch…. also ich bin dann nur froh, dass ich erst mal wieder ruhe habe ….. grrins und gruß
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Anhora sagte:
Ich bin wahrscheinlich ein paar Tage älter als Sie, hatte also schon mehr Zeit zum Ausprobieren und Lernen. Inzwischen hab ich das Meiste im Leben ganz gut im Griff, aber noch nicht lange. Und wer weiß … für wie lange? Jedenfalls ist ein gewisses Aufgeräumtsein ein Element davon. Kann man aber auch nur machen, wenn sonst nicht so viel ansteht, was Energie braucht. 😉
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kaetheknobloch sagte:
Liebste Chilischöne, Sie wissen doch sicher, daß Putzfluchen die Effektivität des Tuns potenziert, daher brauchen Sie nur drei Stunden für Ihre Seltenheitsputzattacken, statt der vermeintlichen drei Tage. Wichtig dabei ist die Alleinigkeit des Seins, anwesende Eigentlichherzensmenschen bekommen sonst Fluchflusen ab, die schlecht wieder zu bereinigend sind.
Heißt: Sie machen das ganz bonfortionös! Bravo!!!
Putzfluchflourisierende Grüße, immer die Ihre.
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meertau sagte:
hach…. liebste aller Blumenfeen….. da hamse mir wieder so ein schönes, bonfortionöses Wörtchen geschenkt: Putzfluchen!
Herrlich.
Das macht mir das Leben leichter…. wenn ich in drei Wochen nicht mehr Putzen muss, sondern Putzfluchen darf.
Merci!!
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Charis sagte:
Dieser post spricht für sich – neulich habe ich die Fensterbank von Staub, Blättern und toten Fliegen säubern wollen – prompt sind mir zwei schöne Kerzenlichthalter aus Glas runtergefallen und die langen Stiele zerbrochen 😦 – SOIFZ!
„Feudel und Putzwasser“ ist übrigens ein typisch hessischer, wenn nicht sogar frankfurterischer Ausdruck … 😀
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