Schlagwörter
alter Hund, Deich, Käfigruhe, November, Spondylose, Sterben, Tod
So fröhlich ist das alternde Möchtegernwindhundfräulein noch vor zwei Wochen über den Deich geflitzt. Nach Wochen konnten wir endlich das Kortison ausschleichen. Nun plagen sie schlimme Schmerzattacken. Nachts steht sie zwei Stunden hechelnd vor mir. Sie kann nicht laufen, sich nicht setzen, sich nicht legen. Die Spondylose schreitet nun schlimm und schnell voran.
Also fahre ich alleine zum Tierdoc. Das Wartezimmer ist voll. Eine Bäuerin erscheint mit Sohn und großem Hund. „Er wird heute erlöst“, sagt die Bäuerin tapfer und mir schießen die Tränen in die Augen. Der Sohn ist mitgekommen, um den toten Hund aus der Praxis zu tragen. Ich weine. Der große Hund ist vom Krebs aufgezehrt, hechelt und schaut doch noch zuversichtlich umher. Ein älterer Mann erscheint mit seiner Katze, die er in eine lilafarbene Plüschdecke eingewickelt im Arm hält. Wie ein Baby hält er sie und weint. Ich weine mit und die Bäuerin und der Rest des Wartezimmers lässt still ebenso die Tränen laufen. Keiner sagt was und als ich weinend das Sprechzimmer betrete, schaut mich die Tierdoc alarmiert und fragend an.
„Ich weine, wegen dem, was Sie gleich noch erwartet“ winke ich ab und die Tierdoc weint nun auch. „Ich weiß, seufzt sie“. Ein böser Freitag.
Ich bekomme Kortison und Schmerzmittel für das alte Hundefräulein. Tierdoc und ich tippen auf zwei schlimme Baustellen (Spondylose + Gewächs im Inneren) und Möchtegernwindhund bekommt ein fast völliges Bewegungsverbot. „Wir nennen das Käfigruhe“, sagt die Tierdoc. Keine ausschweifenden Spaziergänge, kein Deichgeflitze (ginge eh grad nicht), kein Rein-Rausgehopse ins Auto.
Also schonen wir den Hund und pflegen den Garten. Wir schneiden die Eibe, mähen das Gras und ernten Laub. Die Laubernte ist gewaltig in diesen windigen Tagen und ich hole noch ein paar letzte Schneewitchenäpfel vom knorrigen, alten Baum.
Ich verräume die Sommerklamotten und sage die weihnachtliche Reise nach Frankfurt ab. Das alte Fräulein ist nicht mehr reisefähig und ich halte die Hoffnung hoch, dass sie Weihnachten noch erleben darf? Nächste Woche wird sie 13.
(2008)
Mitzi Irsaj sagte:
Gefällt mir natürlich eigentlich gar nicht. Es ist so schwer und traurig, wenn die Begleiter alt werden. Ich drücke Euch die Daumen für ein gemeinsames Weihnachten und Schnee Spatziergänge…auch wenn sie vielleicht keine Rennerei mehr sind.
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meertau sagte:
danke, das ist lieb (und ich kapiere langsam was der satz „die hoffnung stirbt zuletzt“ eigentlich meint.
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Mitzi Irsaj sagte:
Fühl dich umarmt. Ich hoffe mit 😙
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Christine sagte:
(((((( ))))))
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meertau sagte:
liebe christine,
sie lesen noch hier? wie mich das freut, denn ich habe oft an sie gedacht und mich gefragt, wie es der alternden hundedame geht?….
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Christine sagte:
Liebe Frau Meertau,
ich lese selbstredend immer mit! Es interessiert mich sehr, wie es dem Fräulein und seinen Menschen ergeht.
Und so schicke ich Ihnen alle lieben Wünsche, die Sie brauchen können!!!
Danke der Nachfrage, meiner Lari geht es den med. Lehrbüchern zum Trotze so gut, dass das Fibrosarkom Dinge tut, die es gar nicht kann: Kleiner zu werden. Es hat nur noch ein Drittel seiner Größe und ist ganz weich und freundlich geworden.
Wunder gibt es.
Für Ihre Fellschwester und die ganze Familie Meertau noch unvergessliche, innige und kraftgebende Zeiten miteinander!
Liebe Grüße ans Meer,
Christine
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meertau sagte:
Liebe Christine,
ich war etwas bange,nachdem ich die Frage nach der Fellschwester gestellt habe und kann gar nicht sagen, wie sehr mich die Antwort freut!!!!!
Ein schrumpfendes Sarkom ist so wunderbar und ich danke für die soooo lieben Zeilen. Die guten Wünsche schicke ich postwendend mit Gruß vom Meer ganz herzlich zurück!!
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Christine sagte:
Dankeschön!
Genießen wir das Beisammensein mit unseren wundervollen Hündinnen.
Ich liebe es, wie sie atmet, während sie schläft. Dieses Geschnurchel und Gegrunze.
Es lullt mich ein mit liebevollen Gefühlen.
Es ist so heimatlich und schön.
Liebe Grüße!
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karfunkelfee sagte:
Das klingt alles sehr traurig. Ich sage nicht viel, nur:
Hoffentlich bleiben der Hundelady noch gute Tage mit wenig Schmerzen.
13 Jahre mal Sieben sind 91 Menschenjahre…das ist also auch ein sehr stolzes Alter. Was zurzeit zwar, wie ich mir vorstelle, kein wirklich greifbarer Trost ist. Außer diesem, dass ein Hund überhaupt so alt wird. Nur, wer sein Leben sehr liebt, kann das zuwege bringen. Gilt auch für Hunde…
Liebe Sonntagsgrüße von der Karfunkelfee
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meertau sagte:
danke liebe Fee!!! Und ja…. sie hat ein stolzes Alter und noch ein viel stolzeres Wesen :-).
Lieben Gruß in den Teuto!!!
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Pagophila sagte:
Ein sehr schwerer Gang… alles Gute für die verbleibende gemeinsame Zeit, Frau Meertau.
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meertau sagte:
Merci 🙂
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Stefanie sagte:
Ach. Ach. Möchtegernwindhundfräulein. Alles Liebe.
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meertau sagte:
ist angekommen :-)….. lieben Dank!
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Flowermaid sagte:
… die Option dieses bezaubernde Lebewesen zu Tode zu kraulen, würde ich mir nicht entgehen lassen… von Herzen für euch
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meertau sagte:
wir kraulen und sprechen gut zu 🙂
Danke für die Herzensgrüße
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Flowermaid sagte:
*lächel*
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gundel gaukeley sagte:
die Elfenhäuslerin machte ein Feuer. Schwer auszuhalten ist dieses Gefühl von Hilf- und Machtlosigkeit, Sie wissen, und ich weiß auch. Fühlen sie sich umärmelt.
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meertau sagte:
Danke fürs Feuern, herzliebe Datja!
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zwillingswelt sagte:
Mit ganzem Herzen bei Euch!
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meertau sagte:
ja, du liebe!
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Madame Filigran sagte:
Uns steht es auch bevor…
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meertau sagte:
… Alles liebe!
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tikerscherk sagte:
Ich heule mit. Sowas kann man einfach kaum aushalten. Wie soll man sich trösten.
Aber dreizehn Jahre schon, das ist ein wunderbares Geschenk. Daran lässt sich hoffentlich ein wenig festhalten.
Ich bin bei Dir und denke sehrsehr sehr an Euch!
Ich drück Dich mal von Hundefrau zu Hundefrau.
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meertau sagte:
……
dankeschön!!!
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Bludgeon sagte:
Seufz. Das isja wie im Graugans-Blog neulich. Hund+ Katz suchen sich mit Vorliebe den garstigen November für die letzte Türe…
Ende 2003. Unsere Hundedame war noch nicht ganz 11 und alles trug sich zu, wie da oben. Erst noch eine Total-OP im Herbst, ein paar Wochen später Geschwüre in den Schultern, Schmerzmittel (für über die Feiertage) und dann, wenn der Frost vielleicht weg ist, wegen der Beerdigung im Garten…empfahl die Tierärztin.
Ich hab dann zwischen den Feiertagen in einer Frostpause schon mal gegraben, weils im Januar vielleicht wieder unmöglich sein würde. Makaber die alte Dame in den Garten zu lassen, indem bereits die Grube an der Hecke wartete…Im Februar isses dann soweit gewesen… zur Spritze kam die Tierärztin mitfühlend ins Haus … Bezahlung später; musste ja nun erstmal mein Hundl halten und streicheln, ihm den Übertritt erleichtern … da kamma nich nach s Portemonnae suchen!
Dann Heldinnenbestattung mit Kuscheldecke und letzten Schmackos – 4 Jahre später der neue Hund: Ein Rüde. Und obwohl er nichts davon wissen kann; er meidet die Ecke an der Hecke. Natürlicher Respekt irgendwie.
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meertau sagte:
schlauer Rüde.
und obwohl ich „gefällt mir“ anklickte…. gefällt mir das natürlich nicht.
und gefällt doch, denn es ist gut, dass sie vor uns gehen. so haben wir ausreichend zeit, uns um sie zu kümmern.
graben werden wir nicht, denn das windige tier wird natürlich eines tages dem wind übergeben.
meine erste hündin starb vor 13 jahren und ist in ihrer aschedose 2 mal mit mir umgezogen. nun….. werde ich sie ins meer bringen können. so lange habe ich gebraucht, bis der schmerz erträglich wurde.
im sommer werden die urlaubskinder wieder im meer planschen…. inmitten all der möwenscheixxe….. und vielleicht ist dann mein möchtegernwindhundfräulein noch da.
aber ich zweifle…. und werde auch sie, viele jahre in der aschedose behalten, bevor ich sie dem wind übergeben kann.
feinfühligen rüden haben sie da 🙂
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Bludgeon sagte:
Da fällt mir die Geschichte hier ein:
Neil Young komponierte einst „like a hurrican“. Aber die Welt weiß eigentlich nicht – warum. Im Rolling Stone Interview vor ein paar Jahren verriet er, wie er darauf kam:
Er war gerade erst erfolgreich geworden, als er sich einen schicken Oldtimer leistete und mit Muttern die Jungfernfahrt irgendwo ins nirgendwo unternahm. Dann kam Sturm auf. Sie hatten eine Hurricanwarnung nicht beachtet. Sie halten auf freier Strecke. Neil hat Angst ums Auto. Die Mutter steigt aus, breitet die Arme aus und genießt den Wind. Sohnemann versteht die Welt nicht mehr. Sie steigt wieder ein und ist happy: „Tolle Gegend! Hier gehör ich her.“
Zu Hause schreibt er „You are like a hurrican, with calm in your eyes….“ (zu finden auf der „american stars in bars“)
Paar Jahre später stirbt die Mutter. Er nimmt die Urne, fährt ein paar mal zu der besagten Stelle und wartet auf Wind. Dann verstreut er den inhalt. Fährt nach Hause und schreibt „the believer“, über eben diese Aktion. Nach ein paar Jahren veröffentlicht er den Song auf der „Chrome dreams II“ …
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meertau sagte:
Neil Young habe ich immer gerne gehört und gemocht….. Diese Geschichte vom Hurrican ist wunderschön.
Vielleicht gebe ich mir die Musik auf die Ohren, wenn ich eines Tages mit einer Aschedose auf der Sandbank stehe.
Merci!
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