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scheint die goldene Regel des Landlebens zu lauten. Im Sommer kam die Hälfte des Dorfes zu unserem Einweihungs-Fest. Jährlich gönnt der Nachbar von drüben links unten, dem Dorf einen Tannenbaum. Der wird mit den Jungbauern geschmückt und tags drauf gibt es Grillwürstchen und Glühwein mit Baum-Illumination für alle. Von allen kommt etwa die Hälfte. Da ich dazu gehöre beschließe ich, dass es die netten 50% sind.
Die zugereiste Stuttgarterin bemängelt, dass sich Cliquen bilden. „Nun ja“ sage ich, „sollen sich 40 Leute im Kreis aufstellen und alle gleichzeitig reden?“
Alt steht bei alt, jung bei jung, die Bauern bleiben unter sich und besprechen das Geschäft, Kinder sitzen auf ausrangierten Ferienmöbeln herum, die sogleich dem Feuer übergeben werden. Dazwischen schnacken alt mit jung, neu mit immerschon, Lind mit Hund und alle mit glühendem Wein, gefrosteten Wagen und Händen über dem verbrennenden Mobiliar.
Die neue Zahnärztin verabscheut das Töten und umarmt mich, einfach weil ich ihrem Sohn und dem Gatten das tote Reh im Wald (das in Wahrheit eine klitzekleine Ansammlung von Bäumen ist) gezeigt habe. Sie fragt, ob man jemandem Bescheid geben müsse, wegen des toten Rehs. Ich verneine, weil ich das bereits tat. Irgendein betrunkener Vollpfosten hat es vor ca. 5 Wochen angefahren. In der Nacht muss es gestorben sein. Und weil es da so einsam herum lag, streute ich das Gerücht und keine zwei Tage später lag es zwei Meter weiter im Wäldchen. „Oh“…. sagt die Zahnärztin…. aber ob man da nicht etwas machen könne? „Essen?“ frage ich kopfschüttelnd, „dafür ist es zu spät“.
„Neiiiiin“ sagt die Zahnärztin…. „sollte man es nicht begraben?“
Ich drehe mich dann schweigend um und halte die Hände übers Feuer, weil ich das irgendwie lieb aber auch absurd finde. Wegen der Ehre tät`s mir gefallen, das Reh zu begraben. Wegen der Natur gefällt`s mir besser, dass Ratte, Marder, Fuchs…. schon einen Happen genommen haben. Ja…. auch das möchtegernwindige Tier fand nach einigen Wochen (in denen ich das Fräulein Hund immer weg zog vom verwesenden Tier) plötzlich ein einzelnes Bein auf dem Feld und verspeiste es in Teilen.
Asche zu Asche…. denke ich, während ich aufs Feuer starre und noch vor fünf Jahren hätte ich so eisigen Wind nicht ausgehalten. Jetzt stehe ich munter und dich eingepackt geschlagene drei Stunden da herum und denke darüber nach, den Jagdschein zu machen.
Einfach so…. als Ehrbezeugung für das möchtegernwindige Tier, das nie jagen durfte, weil es in der EU verboten ist, dass so ein Hund selbständig tötet. Hier dürfen sie nur aufstöbern und holen wenn der Jäger geschossen hat. Ich könnte also Jägerin werden, wenn das Fräulein mal die Ebenen gewechselt hat und stellvertretend für sie…..
Naja…. lassen wir das. Ich führe ein großes Maul und habe doch ein Hasenherz. In Wirklichkeit zähle ich das Wasser, dass sie trinkt (4 Liter pro Tag) und bin entweder übernächtigt oder putze morgens in der Früh das Malheur weg. Aber dann gehen wir los…..und jagen die Sonne, grüßen die Möwen und lauschen der Stille. Einfach, weil außer uns keiner mehr da ist, am Meer.