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raunzt mir der Mann abendlich zu, als wir am dörflichen Maifeuer stehen. Da weiß ich noch nicht, dass ich in zwei Stunden mit dem Asphalt reden werde.
Wir waren also mit Getränken bewaffnet zum jährlichen Maifeuer auf dem Acker gelaufen und haben zwischenzeitlich gelernt: man geht immer zu jedem Einzelnen hin, streckt ihm/ihr die Hand entgegen und wünscht einen schönen Abend. So halten es die Jungbauern. Und da wir Stil und Erziehung haben, halten wir es auch so. Es bleibt dennoch wie jedes Jahr: man drängt sich dazwischen oder steht abseits. Die Bauern bleiben gerne unter sich, aber man kann sich dazwischen drängen. Die Frauen bleiben auch gerne unter sich, aber ich habe an allen Wohnorten meines Lebens, mich immer bei den Männern wohler gefühlt. So halte ich es hier auch, denn ich kann über Kindererziehung nur Berufliches oder Angelesenes sagen und privat interessiert mich die Lage der Welt mehr, als die Pubertät der Kinder. Klingt jetzt vielleicht arrogant, ist aber so.
Es laufen die Tagelöhner ein, die Bauern, die Altbauern, und die Fremden. Die Kinder sind lustig, haben ihr eigenes kleines Feuer und sie sind auch nicht so streng. Der kleine Michel macht mit dem größeren Arman (der aus der Großstadt kommt und nur gelegentlich hier ist) eine Busladung Popcorn, die sie freundlich mit allen teilen. Es werden Würstchen, vegetarische Würstchen aus Hamburg, Frikadellen und Süßigkeiten für die Kinder aufgetürmt.
Das Feuer lodert und ich bete, dass alle Kleintiere entkommen sind, was der Mann der fürs Feuer zuständig ist, heftig benickt und beteuert, er habe schon seit zwei Tagen auf den Holzhaufen heftig drauf geschlagen. Die Frau Sowieso und ihr Mann stehen bei uns und schweigen beharrlich. Es ist einfach ihre Art. Sie mögen uns, aber sie erzählen nicht gern. Frau Paarhäuserweiter hält es wie immer und betrinkt sich gepflegt, bis ihr Mann die Reisleine zieht, sie sich unter den Arm klemmt und versucht, sie vom Acker zu bringen. Schwankend angelt sie nach dem Sixpack Bier, das sie zwar mitgebracht, aber nicht getunken haben. Hilfsbereit springe ich herbei und helfe dem Mann, sie vom Acker zu bringen, indem ich versichere, ihr das Sixpack vor die Tür zu stellen, wenn ich gleich den Hund für die letzte Runde hole.
Also entschweben sie und zehn Minuten später breche ich auf, klemme mir das Sixpack unter den Arm und suche meinen Schleichweg. Fast zu Hause, bleibe ich in einem der berühmten insulanischen Löcher im Asphalt hängen und mache einen der-Länge-nach-Flug ….. denkend „shit das Sixpack“. Natürlich reißt die Verpackung, die Flaschen bleiben heile und meine Hände, Knie und Ellenbogen halten nicht. Ich rolle mich auf den Rücken, um aufstehen zu können und denke „oh Mann, wenn dich jetzt einer sieht. Nüchtern suche ich sechs Bierflaschen zusammen, stecke sie in die zwei Anoraktaschen und nehme den Rest in die blutenden Hände. Lande beim Nachbarn an, dessen Frau längst im Bett liegt und gebe ihm die Flaschen. „Na…. Du warst aber auch nicht alleine unterwegs“….meint er augenzwinkernd zu mir und ich bedaure, kein Molotow bei mir zu haben. Er hätte am nächsten Tag sein blödes Sixpack auch selbst abholen können und ich sähe nun nicht aus, wie nach einer heftigen Wirtshausschlägerei. Neben Haut und Muskeln ist vor allem der Windhundschlüsselanhänger nebst Ehering kaputt gegangen. Den Schlüsselanhänger hat mir der weltbeste Mann wieder neu besorgt, und da er glücklicherweise einen dauerhaften Goldschmiedekurs gebucht hat, wird auch der Ring professionell wieder hergestellt.
Das letzte Einhirn sagte:
Das Landleben als Dazugezogene. Vertraute Bilder. ( beim nächsten Mal vielleicht direkt mit der Molli anstoßen?) 😉
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meertau sagte:
Wäre eine Überlegung wert…. oder halt jeden seine Suppe selbst auslöffeln lassen….?who knows?
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Reiner sagte:
Hinterher ist man klüger 😉
Gut, dass sonst so noch alles dran ist, bei Dir !
Grüße !
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wattundmeer sagte:
Ganz vertraute Bilder! Auch ich fühle mich bei den Männer wohler, ihre Themen sind auch mir näher, auch ich muss mich dazwischen drängen. Und wie beruhigend zu lesen, dass das kein Einzelschicksal ist. Ich hoffe, Deine Wunden heilen schnell! Liebe Grüße, Ulrike
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meertau sagte:
🙂 wie tröstlich….. I’m not alone 🙂
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Christine sagte:
Interessante Besucher auch IM Feuer hatten Sie da!
Wenn Sie gerne mal mit dem Asphalt über die Löcher im selben sprechen möchten, darf ich Bücher von Anouk Claes empfehlen.
Vielleicht hilft das beim nächsten nächtlichen Spaziergang. :-))
Liebe Grüße ans Frollein von uns hier,
Christine
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meertau sagte:
merci für die lieben Grüße und den Lesetipp (werde ich gleich mal nach schauen). Mit dem Besuch IM Feuer meinen Sie vermutlich die gruselige Gestalt mit glühenden Augen oben rechts???
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Christine sagte:
Ja, genau! Und die daneben….Spuki! 😉
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karfunkelfee sagte:
Da kann ich mal wieder alles unterschreiben. Trotz selbst Kinder habend. Pubertät ist zwar spannend und als alten Strategin lauere ich natürlich immer nach neuen Verhörmethoden von aufständischen Rebellen und taktischen Erfolgsstrategien auf dem Schlachtfeld der Pubertäten. Meine findet grad rückwärtig statt, was zu Kollisionsverhandlungen führt. Drüber reden hilft leider nix, besser hilft die Lektüre von Cäsar’s Tipps zum erfolgreichen Führen eines Bürgerkriegs.
Betrunkene Menschen finde ich furchteinflößender als jedes Pubertierchen und Sixpacks sehen hübsch an Männerbäuchen aus. Ja, ich oute mich als Muckimögerin.
Männer mag ich auch, Frauen verstehe ich (oft) weniger gut, doch das fasziniert mich auch und fordert mein Innerweib heraus.
Auch noch die Straße knutschen für so ein blödes Sixpack…nicht mal das eigene und ein noch blöderer Spruch. Geschenkt, aber echt mal.
Einfach nur Danke ist auch eine Antwort. Sprüche klopfen Einfallslose. Liebgrüße und ein Fuder Heilstaub von der Fee
P.S. Ein besonders kraftspendender Gedankengruß geht zur windigen Lady✨
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meertau sagte:
haaaaaaaaaaaa….. ich lache mich gerade schlapp über Cäsars Tipps :-)…… lieben Dank (auch für die kräftigenden Grüße ans Froillein)
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schneck sagte:
Ich fühle mich immer bei den Frauen wohler, die sich bei den Männern wohler fühlen. /Gute Besserung den Bierblessuren!
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meertau sagte:
🙂 vermutlich fühle ich mich auch nur bei den Männern wohler, die sich bei den Frauen wohler fühlen, die sich bei Männern wohler fühlen 🙂
genesenden Gruß
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pueringer sagte:
Undank ist der Welten Lohn oder so,..
Dann dank ich dir halt unbekannterweise und wünsche gute Besserung!
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meertau sagte:
och….. das ist ja entzückend :-)…. danke !
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Flowermaid sagte:
… was auch immer dich zu Fall gebracht hat… du bist nicht die Einzige die, einem Sixpack erlag… *g*
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Pingback: Woanders ist es auch schön. | READ ON MY DEAR, READ ON.
Datja sagte:
ahaaa !!! es geht Anderen auch so ähnlich wie mir … beruhigend, irgendwie ! ;)))
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Stefanie sagte:
Ich frag mich ja: Gibt es eigentlich irgendein anderes Land auf dieser Welt, wo man auf-eine-Party-Mitgebrachtes wieder mit nachhause nimmt? Und da sieht man mal wieder: hätten die das Bier den Jungbauern gelassen, wäre gar nix passiert.
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meertau sagte:
EXAKT!
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tikerscherk sagte:
Ich hinke bei meinen Lieblingsblogs hinterher. Das liegt am Leben. Diesen Text lese ich deswegen erst jetzt. Wie schön, dass Sie auch an die kleinen Tiere im Unterholz denken, wenn ein Feuer lodert! Und Ihre Blessuren gehören hoffenntlich der Vergangenhet an!
Ich reihe mich ein in die Gruppe der Frauen, die sich bei Männern wohl fühlen, die sich mit Frauen wohl fühlen, welche sich mit Männern wohlfühlen.
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meertau sagte:
ach liebe Tikerscherk, ich hinke auch mit allem hinterher….. komme kaum zum Lesen, zum Kommentieren, geschweige denn zum Schreiben…. Leben halt.
Die Kleintiere scheinen heile davon gekommen zu sein, Ring ist repariert und Wunden heilen langsam ab (ich fliege ja wenn, dann mit vollem Karacho)
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