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ist nicht Schreiben können. Nun, wo ich das Möchtegernwindhundfräulein töten ließ, weil das Unterlassen des Tötens auch eine Tierquälerei bedeutet hätte, versagen mir die Worte.

Dreizehneinhalb Jahre gemeinsames Leben. Sie hat so vieles mitgemacht und mit mir erlebt, durchlitten, gefreut, gefeiert und gereist. Nur wenn ich arbeitend unterwegs war, ist sie brav erst in die frankfurter „Pension Hundeglück“ eingezogen, wo die winderfahrene Gastgeberin alle in ihr Herz schloss und das Möchtegernwindhundfräulein besonders. Dann in den teutonischen Waldorfhundekindergarten, wo sie Freundschaft mit einer Wölfin schloss und die erfahrene Trainerin um die Pfote wickelte. Umzüge, Hochzeiten, Reisen, gemeinsames älter werden. Und dann hat sie mich plötzlich überholt. Das ewige wilde Hundekind wurde zur älteren Dame, zur Seniorin und dann zum Pflegefall.

kerzefürmeinherz

Ein Jahr ihres Lebens hätte ich geopfert, wenn sie hätte alleine gehen können. Dass der bevorstehende Abschied schon so lange unser Begleiter war, hat es nicht leichter gemacht. Ich dachte eigentlich, dass wenn ich die wunderbare Tierdoc anrufe, um die Spritze ins Herz zu erbitten, dass dann mein Herz mit stehen bliebe.

Es schlägt noch. Meistens rast es, oder holpert. Tapfer reise ich arbeitend durch die Republik und weine abendlich in Hotelkissen. Ich gebe mich tapfer und abgebrüht, lustig, charmant und stimme schulterzuckend irgendwelchen Kalenderblättern irgendwelcher Leute zu. Mein Puls tobt, so wie alles in mir tobt, während ich äußerlich ruhig und vernünftig erscheine. Mimikri.

Und ich lerne.

Ich lerne Freundinnen neu kennen. Ich besuche eine mir verbundene fremde Frau, die mir liebevoll ihren Hund in die Hand drückt, mit mir weint und mich sehr berührt. Ich erfahre Nichtssagendes von vermeintlich guten alten Freunden. Billigen Trost, sicher aus eigener Hilflosigkeit, die doch unser Nichtmehrverbundensein laut und deutlich wie eine Kreissäge klingen lässt. Ich lerne die lustige ausgewanderte Freundin ganz neu kennen, als sie mich und das bereits sterbende Hundchen besucht und mir nun bayrische Survival-Päckchen mit Asiafood und Lebkuchenherzen schickt. Ich blicke in de Tränen von engen Freundinnen und ich bekomme Anfragen von entfernten Freunden, ob ich nicht jetzt rumänische oder portugiesische arme Pelznasen adoptieren könnte.

Abends zünde ich die Kerze an und starre auf die kleine Asche-Box, schnuppere am abgelegten Halsband und lasse die hündische Halskette durch meine Hände läufen.

Und dann kommt Post aus Vienna. Ein kleiner Giovanni sucht dringend ein neues zu Hause. Eigentlich handelt es sich um einen Flüchtling aus Ostwestfalen, der viel zu lange am Herrmann ausgehalten hat, nur um zu schauen, ob der olle Herrmann auch nochmal den Arm mit dem Schwert wechselt. Die wienerische Angestellte persischer Prinzen wollte meinem Schmerz etwas entgegensetzen, hat die deutsche Windhundhilfe um Unterstützung gebeten und so Giovannis Flucht organisiert. Eigentlich heißt er Jupp Schulte-Brömmelkamp. Das mag für OWL in Ordnung sein, aber für einen geflohenen Galgo ist das ein bisschen grenzwertig und weil er so reisefreudig ist wie ich, wird er vermutlich auf José hören.

Wenigstens gibt’s jetzt neue Fotos vom Hund.

jupp