denn als ich auf das Ticket sah, fiel mir wieder ein, dass ich erst in den nächsten Tagen nach Zürich muss und ich jetzt erst mal von Düsseldorf nach Wien fliegen würde. Genau genommen ist im Universum irgendwas schief gelaufen, zumindest was den privaten Teil meiner Reise anging, nachdem ich die Geschäftstermine erledigt hatte. Abendlich noch vor dem Hotel dem Nikotin gefrönt, auf die Staatsoper geblickt und mich auf zwei herrliche, sich anschließende Abende gefreut. Irgendein Depp, vermutlich ein kleiner Angestellter, hat im Universum eine kleine Akte falsch abgelegt oder ein Schräubchen zu locker gelassen, jedenfalls erwartete mich die Freundin, die extra eine pinkfarbene Federboa an den Zaun klammerte, mit einem völlig kaputten Arm.
Ich hätte ihr eher gewünscht, dass sie sich in wilde Abenteuer stürzt als ausgerechnet auf ihren Arm.
Sie entschwand ins Krankenhaus und beklommen saß ich mit den Freunden am Tisch, in ihrer liebevoll gekochten Suppe rührend, während ihr Hund die Tür bewachte in der unerschütterlichen Hoffnung, dass sie bald zurück kommen möge.
Das dauerte jedoch, denn vier Russen mussten sie im Klinikum buchstäblich fest halten, während man den Knochenbruch richtete und das nur, weil sie sich nicht operieren lassen wollte: „ich hab das Haus voller Gäste, die trinken meinen Wein und essen meine Gemüsesuppe, ich hab keine Zeit für so einen Schmarrn!“
Während Hund, Katz und Freunde sich gegenseitig Mut zusprachen, verging die Nacht und die einsame Federboa schwang in Schnee und Wind. Leonhard Cohen summte, während mein Herz den dem Tode entronnen Freund feiert. Die stadtrückengekehrte Freundin und Meisterin der genauen Beobachtungsgabe unter Bedingung des liebevollen Blicks, hat ein grünes Refugium gefunden, durch das arabische Prinzen schreiten, während sie ihre Kunst zu Papier bringt und ein Liebespaar taucht auf, das sich kichernd Ewigkeit verspricht, weil das Leben ja bereits die Mitte überschritten hat. Müde fahre ich nächsten Tages die armkaputte Freundin durch Schneetreiben zur ihrem Geschäftstermin und suche vergeblich meine Zutaten fürs Abendessen. Dafür landen wir aber in einem formidablen Gutshof voller glücklicher Tiere und Menschen. Shiva wohnt dort, den wir als Gärtner kennen lernen, sammeln indische Gewürze und Perlen ein, einigen uns darauf, dass wir uns unbedingt bald wieder sehen müssen und fahren munter durch verschneite Nächte. Wir nicken weise, während wir lebensbetrachtend rätseln über Glücksverheißung, Zerstörung und Neubeginn und erkennen dennoch den Zusammenhang zum zerstörten Arm der Freundin nicht. Nun gut. Wir haben ja noch Zeit.
Selbiges – also das mit der Zeit – sage ich auch dem Meister, als er mich zum Flughafen fährt im funkelnagelneuen Auto, das grausige Geräusche von sich gibt. Wir landen auf dem Pannenstreifen und während wir auf osteuropäische Automarken schimpfen, lernen wir, dass nicht immer alles gleich eine große Katastrophe ist. Diese Lektion haben wir zugegebenermaßen erst gelernt, als der freundliche und wirklich gutaussehende Mann von der Pannenhilfe uns mit dem Wagenheber in Schräglage gebracht hatte. Aus dem Inneren der Bremsscheibe reichte er uns ein Splitt Körnchen (es war ja überall Schnee, ich sagte das bereits) mit einem kurzen Lächeln herein und wünschte Glück für die Fliegererreichung.
